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Aus Liebe zur Zuckerdose

(Kolumne) Sie darf nicht aussterben. Sie ist einer dieser Gegenstände, die immer da sein sollten. Still, unauffällig, ohne Aufsehen. Wenn sie auf dem Tisch steht, weiß ich: Es gbt sie noch, die Konstanten im Alltag. Ob ich sie benutze, ist zweitrangig. Die Zuckerdose. Ich habe mir erst vor einigen Monaten eine antike auf dem Flohmarkt besorgt.

Sie ist das Gegenteil von Ersatzstoffen, die man in Plastikspender presst. Die man lieblos im Supermarktregal entdeckt, deren Deckel man in mühseliger Fummelei öffnet und die nach drei Wochen klebrig sind. Nein, ich spreche von der richtigen Zuckerdose. Der alten, soliden, meist aus Porzellan gefertigten, vielleicht mit einem dezenten Goldrand verzierten Zuckerdose, die auf dem Tisch meiner Großmutter stand. Oder auf dem meiner Eltern. Oder jetzt auf meinem eigenen.

Wer kennt nicht diesen Moment?

Diese Zuckerdose ist kein bloßer Behälter für Zucker. Nein, sie ist eine Institution. Ein Zeichen dafür, dass es noch Ordnung gibt in dieser Welt, dass Kaffee mit Zucker getrunken wird und Tee mit Würde. Sie ist ein Symbol der Gastfreundschaft, denn wer einen Gast bewirtet, fragt nicht nur, ob er Milch will, sondern auch Zucker. Und dann steht sie da, unaufgeregt, bereit, ein wenig Süße in den Tag zu bringen.

Zuckerdose: Antike Schönheit vom Flohmarkt

Es gibt ein besonderes Geräusch, wenn der Deckel einer Zuckerdose angehoben wird, dieses leise, fast sanfte Klirren. Und dann ist da der Löffel, dieser kleine, leicht bauchige, silberne Löffel, der mit einer Bewegung aus einer längst vergangenen Zeit in die Dose taucht und den Zucker heraushebt, während sich feine Kristalle in der Luft verteilen und im Licht glitzern.

Und wer hatte sie nicht, die Momente, in denen er sich dabei ertappte, einfach einen Löffel Zucker zu essen? Direkt aus der Dose, in einer Mischung aus Rebellion und kindlicher Freude.

Ersatzstoffe in Plastikspendern

Man könnte meinen, die Zuckerdose sei ein Relikt aus vergangenen Tagen. Heute gibt es Zuckerersatzstoffe in schicken Plastikspendern, braunen Zucker in Papiertütchen, Süßstoff in Tablettenform. Manchmal kommt Zucker aus einem Glas mit Schraubverschluss, einem Metallstreuer oder – Gott bewahre – in einem unhandlichen Pappkarton mit einer ungelenken Gießöffnung. Aber all das ersetzt nicht die Würde der Zuckerdose.

Sie steht für eine Zeit, in der Dinge noch ihren festen Platz hatten, in der Zucker nicht verteufelt wurde, sondern eine kleine, einfache Freude des Lebens war. Eine Welt, in der Kaffee getrunken, Gespräche geführt und Löffel klirrend in Zuckerdosen versenkt wurden.

Ich hoffe, dass meine Zuckerdose noch lange auf meinem Tisch steht. Dass ich ihren Deckel anheben, den Löffel eintauchen und meine Welt ein kleines bisschen süßer machen kann.

Denn was wäre das Leben ohne eine gute, alte Zuckerdose?