Gemüse auf mehreren Etagen, gesteuert per App, geerntet inmitten der Stadt: Vertikale Landwirtschaft gilt vielen als Hoffnungsträger für die Ernährung der Zukunft. Während weltweit immer mehr Großprojekte entstehen, zieht die Technik nun auch in private Haushalte ein.
In Dänemark entsteht derzeit Europas größte vertikale Farm. Auf rund 7.000 Quadratmetern und 14 übereinanderliegenden Etagen sollen künftig jährlich etwa 1.000 Tonnen Gemüse produziert werden – effizient, platzsparend und mit deutlich geringerem Wasserverbrauch als in herkömmlichen Gewächshäusern. Noch größer ist ein Projekt in Pennsylvania, USA: 23.000 Quadratmeter Anbaufläche unter einem Dach machen sie zur derzeit weltweit größten Vertical-Farm-Anlage.
Doch auch im kleinen Maßstab gewinnt das Thema an Bedeutung. Indoor-Farming-Systeme für die eigenen vier Wände werden smarter und leistungsfähiger. Das Münchner Unternehmen Agrilution bringt mit dem neuen „Plantcube Living“ eine personalisierte Vertical-Farming-Lösung auf den Markt, die sich auch für Stadtwohnungen eignet. Bis zu 36 Kilogramm Frischpflanzen pro Quadratmeter und Jahr können damit erzeugt werden – ein Vielfaches im Vergleich zum traditionellen Anbau.
Herausforderung Welternährung
Die Notwendigkeit solcher Technologien liegt auf der Hand: Laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft wird die Weltbevölkerung bis 2050 auf rund 9,7 Milliarden Menschen anwachsen. Zwei Drittel davon werden dann in Städten leben. Gleichzeitig schrumpfen die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Bodenversiegelung, Überdüngung, Monokulturen und der Einsatz von Pestiziden führen zu einer schleichenden Erosion der Anbaugrundlage. Vertikale Farmen können auf kleiner Fläche hohe Erträge liefern – unabhängig von Klima, Wetter und Bodenqualität.
Auch Umweltfaktoren sprechen für den Einsatz: Der Wasserverbrauch in vertikalen Systemen ist im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft deutlich geringer. Der Transport entfällt weitgehend, da die Produktion näher am Verbraucher stattfindet. Und da unter kontrollierten Bedingungen angebaut wird, sind Pflanzenschutzmittel meist überflüssig.
Technik im Küchenschrank
Der „Plantcube Living“ von Agrilution zeigt, wie diese Vision im Alltag aussehen kann. Das Gerät besteht aus zwei getrennten Klimazonen, in denen unterschiedliche Pflanzenarten gleichzeitig wachsen können – von Salaten über Kräuter bis hin zu höher wachsenden Sorten wie Tomaten oder Chilis. Eine integrierte Kamera überwacht den Zustand der Pflanzen. Gesteuert wird alles per App über eine Cloud-Plattform.
Bis zu 18 verschiedene Pflanzenarten lassen sich gleichzeitig kultivieren. Licht, Wasser und Temperatur werden automatisch angepasst. Das System arbeitet nahezu wartungsfrei und benötigt nur wenig Platz. Für Haushalte, die Wert auf frische, nährstoffreiche Ernährung legen, könnte das eine interessante Ergänzung sein – nicht zuletzt angesichts steigender Preise für frisches Gemüse.
Kein Ersatz, aber ein Baustein
Vertikale Landwirtschaft wird die klassische Landwirtschaft nicht ersetzen. Doch sie kann einen wichtigen Beitrag leisten – in Städten, in Gebäuden, auf Brachflächen. Gerade in dicht besiedelten Regionen oder Gegenden mit schwierigen Klimabedingungen könnten solche Systeme zur lokalen Ernährungssicherung beitragen. Und im Kleinen bringen sie das Thema Nachhaltigkeit buchstäblich ins eigene Zuhause.
Während große Projekte wie in Dänemark oder den USA die industrielle Perspektive vor Augen führen, zeigen Produkte wie der Plantcube, dass vertikale Landwirtschaft auch im Alltag angekommen ist. Die Verbindung von High-Tech, gesundem Lebensstil und gestiegener Eigenverantwortung macht Indoor-Farming zu einem Zukunftsthema – nicht nur für Großbetriebe, sondern auch für Haushalte, die heute schon wissen wollen, was sie morgen essen.